Logistik unter Extrembedingungen

Extreme Kälte, tobende Stürme und eine lange Polarnacht. Die Antarktis ist ein gefährlicher und faszinierender Ort zugleich. Ohne die richtige Ausrüstung wäre diese Eiswüste tödlich. Es ist eine logistische Herausforderung, das Material für die Forschung und die Versorgung des wissenschaftlichen Personals in diese entlegene Region zu bringen. Immerhin ist die Antarktis knapp 14.000 Kilometer von Deutschland entfernt. Verständlicherweise sind vor allem die Kälte und das Eis eine besondere Hürde. Materialien und Fahrzeuge müssen den extremen Temperaturen Stand halten können, die im Jahresmittel um die minus 30 Grad Celsius betragen und im Extremfall auf weniger als minus 50 Grad sinken können. Problematisch sind auch die schwer vorhersagbaren Winde mit Geschwindigkeiten von bis zu 300 Kilometern pro Stunde, die die Orientierung erschweren und die Arbeit im Freien fast unmöglich machen. Anders als in gemäßigten Breiten gibt es keine Infrastruktur wie etwa Straßen. Insofern sind auch die langen Nachschubwege über das antarktische Eis eine Herausforderung. Die benötigten Güter werden von außen in der Regel mit Eisbrechern in die Region transportiert.

Stückguttransport per Schiff

Da es keine Häfen gibt, werden Güter für die Forschungsstationen direkt an der Eiskante vom Schiff auf speziell entwickelte Transportschlitten in Containergröße verladen. Diese werden dann von Kettenfahrzeugen, den Pistenbullys, die man aus vielen Skigebieten kennt, Stück für Stück bis zu den Stationen gezogen. Wie aufwendig das sein kann, verdeutlicht der Bau der 2009 eingeweihten Neumayer-Station III des Alfred-Wegener-Instituts, die am nordöstlichen Rand des Weddellmeeres in der Ostantarktis errichtet wurde. Sie wiegt 2300 Tonnen und beherbergt 180 Labor- und Wohncontainer, die von der Eiskante zum circa 16 Kilometer entfernten Bauplatz transportiert wurden. Das Besondere an dieser Station ist, dass sie nicht auf festem Boden, sondern auf dem langsam fließenden Gletscher-Inlandeis steht. Sie besitzt hydraulische Stelzen, mit denen sie angehoben werden kann. Dadurch wird vermieden, dass sie nach und nach im Schnee versinkt. Bis mindestens zum Jahr 2035 soll sie ihren Dienst tun.

Für die Gondwana-Station der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe wiederum, mussten 16 große Schiffscontainer samt Ausrüstung in die Terra Nova-Bucht im Rossmeer der Antarktis gebracht werden, aus denen die Station in Modulbauweise auf Fels errichtet wurde.

Zwar sind bereits große Flugzeuge wie eine Boeing 757 in der Antarktis zum Einsatz gekommen. Allerdings können diese nicht überall landen. Zudem müssen die Pisten im Eis mühsam präpariert werden. Daher wird die Fluglogistik zumeist mit kleineren Maschinen und primär für den Personentransport durchgeführt. Anders als bei herkömmlichen Logistikketten können Materialien zudem nur im Südsommer herantransportiert werden – also zwischen November und März, wenn die Ausdehnung des Meereises gering ist. Nur dann können das deutsche Forschungsschiff „Polarstern“ und die Eisbrecher anderer Vertragsstaaten in die Gewässer nahe den Stationen vordringen. Zweifellos ist die „Polarstern“ das wichtigste Werkzeug der deutschen Polarforschung. Seit seiner Indienststellung am 9. Dezember 1982 hat der Eisbrecher mehr als 1,7 Millionen Seemeilen, etwa 3,3 Millionen Kilometer, zurückgelegt. An durchschnittlich 310 Tagen im Jahr ist die „Polarstern“ im Einsatz. Zwischen November und März kreuzt sie üblicherweise in der Antarktis – für Forschungsprojekte, aber auch um die Wissenschaftler vor Ort mit Gütern zu versorgen.

Forschung rund ums Jahr

Trotz all dieser Hürden ist heutzutage rund um das Jahr Forschung in der Antarktis möglich. So beherbergt die Neumayer-Station III auch im Südwinter Forscher, die zu dieser Zeit allerdings nicht mit Gütern versorgt werden können. Auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt unterhält in der Antarktis zusammen mit dem Bundesamt für Kartographie und Geodäsie eine Station, die ebenfalls ganzjährig betrieben wird: die Satellitenempfangsstation GARS O’Higgins an der Nordspitze der Antarktischen Halbinsel.