Alfred-Wegener-Institut

Die Zentrale der deutschen Antarktisforschung

Als Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung arbeitet das Alfred-Wegener-Institut (AWI) vor allem in den kalten und gemäßigten Regionen der Welt aber auch in der Nordsee und den deutschen Küstenregionen. Es koordiniert die deutsche Polarforschung und kooperiert mit vielen nationalen und internationalen Partnern. Der Planet Erde steckt in einem tiefgreifenden Klimawandel. Die Polargebiete und Meere verändern sich. Gleichzeitig spielen sie eine zentrale Rolle im globalen Klimasystem. Insofern ist es das vorrangige Ziel, die komplexen Prozesse im „System Erde“ zu entschlüsseln. Die Polarregionen reagieren einerseits höchst sensibel auf klimatische Änderungen, gehören aber andererseits selbst zu den bestimmenden Einflussfaktoren für die Entwicklung des Weltklimas. Mit seiner langjährigen Expertise untersucht das AWI praktisch alle Bereiche dieses Erdsystems – von der Atmosphäre bis zum Grund der Meere. Das Klimageschehen der Erde zu verstehen, ist dabei zunehmend in den Mittelpunkt der wissenschaftlichen Arbeit gerückt. Charakteristisch für die Forschungsarbeit des Instituts sind seine starke internationale Vernetzung und die breite wissenschaftliche Basis. Am Alfred-Wegener-Institut arbeiten Bio-, Geo- und Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler eng zusammen. Die Feldforschung unter extremen Bedingungen gehört im Institut genauso zum Alltag wie moderne Laborausstattung und leistungsfähige Großrechner. Weil die Polar- und Meeresforschung auch eine logistische Herausforderung ist, verfügt das AWI über eine exzellente Infrastruktur, die sie der nationalen und internationalen Wissenschaft zur Verfügung stellt. Hierzu gehören mehrere Forschungsschiffe, Forschungsflugzeuge und Forschungsstationen in der Arktis und der Antarktis.

Forschung auf Stelzen

Aushängeschild der Antarktis-Forschung ist die Neumayer-Station III, die auf hydraulischen Stelzen errichtet wurde. Im antarktischen Sommer leben und arbeiten dort bis zu 50 Menschen. Im Winter wird es leerer. Dann sind nur noch ein Koch, drei Ingenieure, ein Arzt und vier Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor Ort. Sie bilden das sogenannte Überwinterungsteam. In der Nähe der Station befindet sich seit wenigen Jahren das ferngesteuerte Pinguin-Observatorium SPOT, das direkt an der Schelfeiskante liegt. Mit Bild- und Videoaufnahmen zeichnet es die Bewegungen der Kaiserpinguine auf. So können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nachvollziehen, wie sich einzelne Pinguine in der Kolonie verhalten und wie diese Gruppe insgesamt funktioniert. SPOT macht es möglich, die Pinguine in ihrem natürlichen Verhalten während der Brutzeit auf dem Meereis zu beobachten, ohne sie zu stören oder zu beeinflussen.

Die Kohnen-Station

Im Rahmen des European Project for Ice Coring in Antarctica (EPICA) errichtete das AWI bereits im Jahr 2001 die Kohnen-Station als logistische Basis für Eisbohrungen während des antarktischen Sommers. Sie ist nach Heinz Kohnen (1938 – 1997) benannt, der lange Zeit die Logistikabteilung des AWI geleitet hatte. Die Eisbohrkerne, die an der Kohnen-Station gewonnen werden, liefern umfassende Daten über klimatische und atmosphärische Veränderungen der vergangenen 215.000 Jahre – beispielsweise im Zusammenhang mit Treibhausgasen, Aerosolen und Radionukliden aus dem All. Gemeinsam mit dem argentinischen Instituto Antártico Argentino betrieb das AWI darüber hinaus auf King George Island von 1993 bis 2021 das Dallmann-Labor, benannt nach dem deutschen Entdecker und Polarforscher Eduard Dallmann (1830-1896). Von Beginn an wurden in dem Labor neben biologischen Untersuchungen an Land und im Meer unter anderem auch Langzeitmessungen zur Temperaturentwicklung und zum Rückgang des Gletschereises betrieben. Das Labor ist nun Teil der argentinischen Antarktisstation Carlini und bietet während des Südsommers weiterhin bis zu zwölf Naturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern eine Unterkunft in einem der wenigen teilweise eisfreien Gebiete der Antarktis. 

Expertise und technisches Knowhow

Aufgabe der AWI-Fachleute ist es auch, die Politik und Gesellschaft zu beraten, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. So haben Forscherinnen und Forscher in leitender Funktion unter anderem an mehreren Weltklimaberichten mitgearbeitet. AWI-Wissenschaftler lieferten auch die wissenschaftliche Grundlage für den Vorschlag für ein Meeresschutzgebiet im Weddellmeer. Die Erforschung von Polar- und Meeresregionen geht immer einher mit der Entwicklung von technischen Innovationen. Über den Technologietransfer entstehen am AWI neue Produkte und Dienstleistungen. Benannt wurde das AWI übrigens nach Alfred Wegener, dem deutschen Polarforscher und Entdecker der Kontinentaldrift. Das Institut wurde 1980 mit wenigen Mitarbeitern gegründet, heute beschäftigt es mehr als eintausend Menschen. Der Hauptsitz liegt in Bremerhaven. Die Außenstellen befinden sich in Potsdam, in Oldenburg und auf den Inseln Helgoland und Sylt.