
Hintergrundfoto: Alfred-Wegener-Institut/Hendricks
Umweltschutz in der Antarktis
Neben der ausschließlich friedlichen Nutzung und der Forschungskooperation hatten die Staaten bereits im Antarktis-Vertrag vereinbart, sich regelmäßig zu treffen, um über Maßnahmen zum Schutz der antarktischen Fauna und Flora zu beraten. Dieser Schutzanspruch wurde im Jahre 1998 zusätzlich gestärkt, als das Umweltschutzprotokoll zum Antarktis-Vertrag (USP) (1.2.2) in Kraft trat, mit dem die Antarktis zum Naturreservat erklärt wurde. Gemäß dieses Protokolls sind für den Schutz der Antarktis und ihrer Ökosysteme fortan die Vertragsparteien verantwortlich. Zugleich wurde der Ausschuss für Umweltschutz (Committee for Environmental Protection, CEP) (1.1) eingerichtet, der die Vertragsparteien in Fragen des Umweltschutzes in der Antarktis berät.
Antarktisschutz in nationalem Recht verankert
In Deutschland hat der Schutz der antarktischen Umwelt einen hohen Stellenwert. Die Regelungen des USP hat Deutschland mit dem Gesetz zur Ausführung des Umweltschutzprotokolls zum Antarktis-Vertrag (AUG) in nationales Recht umgesetzt. Genehmigungen zur Durchführung von deutschen Tätigkeiten in der Antarktis erteilt das Umweltbundesamt (UBA) als nationale Genehmigungsbehörde, wobei diese Aktivitäten die strengen Anforderungen an den Schutz der empfindlichen antarktischen Umwelt erfüllen müssen. Die Genehmigungen basieren stets auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, nach denen die Umweltauswirkungen der Tätigkeiten prognostiziert und bewertet werden. Um zu gewährleisten, dass die rechtlichen Vorgaben und Richtlinien eingehalten werden, enthalten die Genehmigungen bestimmte Bedingungen und Auflagen. Allerdings gibt es nach wie vor auch Wissenslücken bei der Bewertung der Umweltauswirkungen. Um diese zu schließen, initiiert und unterstützt das UBA Forschungsaktivitäten. Darüber hinaus wird durch Inspektionen vor Ort regelmäßig kontrolliert, ob die Regeln des USP und AUG sowie die erteilten nationalen Genehmigungen eingehalten werden.
Bedrohte Vielfalt
Der südliche Kontinent und das ihn umgebende Polarmeer sind von einzigartiger Schönheit. Beide sind Heimat vieler Tierarten. Zudem ist der antarktische Eispanzer das weltgrößte Süßwasserreservoir und zugleich ein wertvolles Archiv der Klimageschichte der Erde. Insofern stellen der Klimawandel und die Erderwärmung heute die wohl größten Bedrohungen dar. Weiterhin können die Ozeanversauerung, der Verlust der Artenvielfalt oder die Einschleppung und Ansiedlung nicht-heimischer Arten das einmalige Ökosystem gefährden. Hinzu kommen Schadstoffe, die aus höheren Breiten in die Antarktis gelangen. Außerdem hinterlässt der Mensch trotz weitreichender Schutzbemühungen direkt in der Antarktis seine Spuren – etwa durch Tourismus, Forschung oder Logistik. Deren langfristige Auswirkungen können heute noch nicht umfassend abgeschätzt werden.
Diese vielfältigen Bedrohungen machen deutlich, dass die Antarktis und ihre Ökosysteme sowohl vor Ort als auch weltweit geschützt werden müssen. Jede Bemühung zur Eindämmung des Klimawandels kommt auch der Antarktis zugute. Im USP ist festgelegt, dass für jede Aktivität in der Antarktis vorab eine Umweltprüfung zu erfolgen hat. Das UBA als Genehmigungsbehörde setzt daher auf einen effektiven Vollzug des AUG auf Basis des besten verfügbaren Wissens und fördert umweltfreundliche, nicht-invasive Methoden, Verfahren und Techniken, um die Auswirkungen auf die antarktischen Schutzgüter zu minimieren. Allgemein setzt sich Deutschland für eine umweltfreundliche Forschung und Logistik sowie den Aufbau eines kohärenten antarktischen Schutzgebietsnetzwerkes an Land und im Meer ein.
Forschungsinitiativen für den Südkontinent
Natürlich tragen auch umfassende Forschungsinitiativen zum Schutz der antarktischen Umwelt bei. Diese erfassen und bewerten die Auswirkungen von Aktivitäten und Bedrohungen, die durch Klimawandel, Tourismus, Schifffahrt, Müll, Unterwasserlärm oder Schadstoffe hervorgerufen werden. Zudem helfen sie, die künftige Entwicklung zu prognostizieren. Das Ziel der Forschungsinitiativen ist es, Maßnahmen zu entwickeln, um künftig schädliche Auswirkungen auf die Schutzgüter der Antarktis zu vermeiden. Letztlich soll dadurch ein nachhaltiger Schutz der antarktischen Arten und Ökosysteme erreicht werden. Hierfür müssen auch weiterhin wissenschaftliche Grundlagen erarbeitet werden, um vor allem antarktisweite Monitoring-Programme aufbauen können, mit denen sich der Istzustand ermitteln und Umweltauswirkungen frühzeitig erkennen lassen. Erst auf dieser Grundlage wird sich ein nachhaltiger Schutz der Lebewesen und Ökosysteme realisieren lassen – sei es beim nachhaltigen Tourismus, bei Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel oder dem effektiven Schutz vor Unterwasserlärm.
Erste deutsche ASPA Schutzgebietsinitiative
Grundsätzlich setzt sich Deutschland für ein umfassendes Schutzgebietsnetzwerk auf dem antarktischen Kontinent und in den umgebenden Meeresgebieten ein. Dazu führt das UBA derzeit ein Projekt durch, mit dem Gebiete für ein künftiges Schutzgebiet (Antarctic Specially Protected Area – ASPA), identifiziert werden sollen. Unterstützt wird das UBA dabei von anderen Ressorts mit Antarktis-Expertise. Das Ziel besteht darin, erstmals einen von Deutschland ausgehenden ASPA Schutzgebietsvorschlag im Rahmen der ATCM auszuarbeiten. Für die vorgeschlagenen Gebiete muss zunächst eine standardisierte Vorprüfung (Prior-Assessment) durchgeführt werden, die zur ATCM 2022 in Berlin präsentiert werden soll. Sollten die Gebietsvorschläge im Ausschuss für Umweltschutz auf Zustimmung stoßen, müssen im nächsten Schritt Managementpläne für die entsprechenden ASPA-Gebiete ausgearbeitet werden.
Engagement bei vielfältigen Umweltthemen
Darüber hinaus beteiligt sich das UBA an umfangreichen Forschungsarbeiten zum Thema Unterwasserschall mit dem Ziel, die Belastung von Meeressäugetieren durch besonders laute Aktivitäten zu verringern. Diese Projekte haben ganz verschiedene Ausrichtungen: In einem wird das Hörvermögen von Pinguinen genauer erforscht, ein anderes untersucht, wie sehr hydroakustische Messgeräte stören. In einem weiteren Projekt werden Grundlagen für ein Schallschutzkonzept mit zugehörigen Belastungsgrenzwerten entwickelt. Um die Problematik von Unterwasserlärm zu verdeutlichen, wird während der ATCM in Berlin ein Klangsessel aufgestellt, der das Publikum dazu einlädt, in das Meer und seine Geräuschkulisse abzutauchen und selbst zu erfahren, wie sich Geräusche unter Wasser anhören und wie verschiedene Tiere sie wahrnehmen. Damit ist das Themenspektrum des UBA in Sachen Antarktis aber noch lange nicht abgedeckt. Weitere Projekte beschäftigen sich mit einem langfristigen Umweltmonitoring in der Maxwell Bay und auf King George Island oder der Überwachung von Pinguinkolonien mit Satelliten. Außerdem setzt sich das UBA für ein umfassendes und nachhaltiges Tourismusmanagement in der Antarktis und strenge Verhaltensregeln für Besucherinnen und Besucher ein.
