Besonderer Schutz für den Kaiserpinguin

Er ist eine der Ikonen der Antarktis und ein Sympathieträger – der Kaiserpinguin. Er fehlt wohl in keinem Film über die Südpolarregion, sei es, weil die erwachsenen Tiere mit ihrer orange-gelben Halsfärbung so schön sind, sei es, weil die von dichtem Flaum umhüllten Jungen so drollig durch den Schnee tapsen. So ist der Kaiserpinguin mit bis zu 120 Zentimetern Körpergröße und 45 Kilogramm Gewicht nicht nur die imposanteste, sondern vermutlich auch die bekannteste Pinguinart. Dieser flugunfähige Vogel lebt ausschließlich in der Antarktis. Die Art kommt rund um den Südkontinent relativ gleichmäßig verteilt vor und bildet große Kolonien mit jeweils mehreren Tausend Individuen. Zumeist befinden sich die Kolonien auf dem sogenannten Festeis, womit Meereis bezeichnet wird, das fest mit dem Land oder mit Gletschern verbunden ist und selbst im antarktischen Sommer kaum jemals aufbricht oder schmilzt. Derzeit sind rund 60 Kolonien mit etwa 278.000 Brutpaaren bekannt – wobei einige der schwer zugänglichen Kolonien erst in den letzten Jahren mithilfe hoch aufgelöster Satellitenbilder entdeckt werden konnten.

Kaiserpinguine ernähren sich vielfältig. Auf dem Speiseplan stehen ausschließlich Meeresorganismen – in erster Linie Fische, daneben aber auch Tintenfische, Krill, Flohkrebse und Asseln. Kaiserpinguine sind ausgezeichnete Taucher. Sie können bis zu 30 Minuten unter Wasser bleiben und Tiefen von bis zu 500 Metern erreichen. Insofern ist es für sie ein Leichtes, ihre Beute zu fangen, die sich in Tiefen zwischen 50 und 250 Metern aufhält.

Perfekt an die Kälte angepasst

An das Leben unter den harschen Bedingungen der Antarktis mit Temperaturen bis zu minus 50 Grad Celsius und starken, eisigen Winden sind Kaiserpinguine hervorragend angepasst. Dank ihres Körperbaus und ihres dichten Federkleids können sie jederzeit eine Kerntemperatur von 38 Grad Celsius halten. Kaiserpinguine sind soziale Tiere. Besonders im Winter scharen sie sich zusammen, um Wärmeverluste weitgehend zu minimieren. Tatsächlich findet auch die Brut im kalten antarktischen Winter statt. Damit sind Kaiserpinguine die einzigen Wirbeltiere der Antarktis, die im Winter auf dem Eis Nachwuchs bekommen. Um ihre Jungen aufzuziehen, benötigen Kaiserpinguine mindestens neun Monate lang stabiles Festeis. Fachleute befürchten, dass die durch den Klimawandel bewirkte Erderwärmung dem Kaiserpinguin zum Verhängnis werden könnte. Sollte das Festeis künftig abschmelzen, würde der Kaiserpinguin sprichwörtlich den Boden, also das Eis, unter seinen Füßen verlieren.

Bedrohung durch den Klimawandel

Veränderungen des Eises oder der Verlust von Festeis, beispielsweise durch einen Eisabbruch, können bei Kaiserpinguinen zu massiven Brutausfällen und zu einem Kükensterben führen, oder sogar für erwachsene Vögel tödlich sein. Doch nicht nur der Verlust von Eis ist ein Problem. Auch eine ungewöhnlich ausgedehnte Festeis- oder Meereisbedeckung in der Nähe einer Kolonie kann schwerwiegende Folgen haben. Die Altvögel sind dann gezwungen, weitere Strecken zwischen ihrer Kolonie und den Nahrungsgründen im Meer zurückzulegen, was den Bruterfolg ebenfalls deutlich verringern kann. Auch gestrandete Eisberge, die den Zugang zur Kolonie blockieren, können fatale Folgen haben. Darüber hinaus verändert der Klimawandel auch das Ökosystem und die Nahrungsketten des Südpolarmeers. Dadurch könnte Nahrung künftig knapper werden.

Wunsch nach einem besonderen Schutzstatus

Einige Antarktis-Vertragsstaaten, darunter auch Deutschland und der Wissenschaftliche Ausschuss für Antarktisforschung (Scientific Committee on Antarctic Research, SCAR) schlagen der Vertragsstaatengemeinschaft vor, den Kaiserpinguin als besonders geschützte Art (Specially Protected Species, SPS) entsprechend Anlage II des Umweltschutzprotokolls zum Antarktis-Vertrag (USP) auszuweisen. Hierfür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das aktuelle Vorkommen der Art analysiert. Sie haben Prognosen zur zukünftigen Verbreitung des Pinguins erarbeitet und dabei die verschiedenen vom Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) erstellten Klimaszenarien berücksichtigt. Je nach Klimaszenario ist ein starker bis extremer Schwund des globalen Kaiserpinguinbestands zu befürchten. Unter dem pessimistischsten Szenario, bei dem der Kohlendioxid-Ausstoß weiter anstiege, würden bis zu 80 Prozent aller Kaiserpinguine bis zum Ende des Jahrhunderts aussterben. Diese Prognosen könnten auch noch eine Höherstufung des Gefährdungsstatus von „nahezu bedroht“ auf „gefährdet“ in der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (International Union for Conservation of Nature and Natural Ressources, IUCN) zur Folge haben.

Der Kaiserpinguin steht eher am Ende der Nahrungskette und ist deshalb eine Art Frühwarnsystem: Gehen seine Bestände zurück, wird deutlich, dass sich die Nahrungsnetze im Meer um die Antarktis verändern und dass seine Nahrung knapp wird. Dann wird sich die Menschheit ernsthafte Sorgen um die marinen Ökosysteme des Südpolarmeeres machen müssen. Angesichts dieser Bedrohungen kommt das Wissenschaftskomitee SCAR zu dem Schluss, dass die Antarktis-Vertragsstaaten für den Kaiserpinguin besondere Management- und Schutzmaßnahmen entwickeln sollten. Dabei müssen die besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt werden. Im Hinblick auf die prognostizierten Auswirkungen des Klimawandels ist es besonders wichtig, andere Stressfaktoren für Kaiserpinguine zu verringern oder zu beseitigen. Bereits jetzt befasst sich eine eigens im Ausschuss für Umweltschutz (Committee for Environmental Protection, CEP) ins Leben gerufene Arbeitsgruppe mit einem Vorschlag, den Kaiserpinguin als besonders geschützte Art nach Anlage II des USP auszuweisen. Dazu zählt auch, einen ersten Entwurf für einen Aktionsplan auszuarbeiten, der bereits Schutz- und Management-Maßnahmen für die Kaiserpinguine beinhaltet. Bisher steht nur die Antarktische Rossrobbe auf der Liste der besonders geschützten Arten in Anlage II des USP. Mit einer solchen Ausweisung gilt für besonders geschützte Arten nicht nur ein verbindlicher Aktionsplan, sondern auch ein besonderer und strenger Schutz durch die Vertragsparteien. Deutschland wird sich dafür einsetzen, dass der Kaiserpinguin als erste Vogelart diesen besonderen Schutzstatus erhält und alle dafür nötigen Schritte – auch über die ATCM in Berlin hinaus – unternehmen.