Eine Erfolgsgeschichte der internationalen Zusammenarbeit

Die Antarktis wird heute durch verschiedene Verträge geschützt und verwaltet. In der Summe spricht man vom Antarktis-Vertragssystem. Dieses umfasst zum einen den Antarktis-Vertrag, das Umweltschutzprotokoll sowie alle Beschlüsse, die die Vertragsstaaten auf ihren jährlichen Tagungen verabschieden. Kernthema des Antarktis-Vertrags ist die friedliche Kooperation zwischen den Vertragsparteien. Zum anderen werden weitere völkerrechtliche Verträge zum Antarktis-Vertragssystem gezählt. Im Einzelnen sind dies das „Übereinkommen zur Erhaltung der antarktischen Robben“ (Convention for the Conservation of Antarctic Seals, CCAS) und das „Übereinkommen über die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis“ (Convention on the Conservation of Antarctic Marine Living Resources – CAMLR Convention).

Vom Wettstreit zur internationalen Kooperation

Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts feststand, dass es sich bei der „Terra incognita” am südlichen Ende der Welt um einen eigenen Kontinent handelte, begannen erste wissenschaftliche Entdeckungsfahrten in den Süden. Zunächst lieferten sich zahlreiche Entdecker einen Wettstreit um die Erkundung der Antarktis. Erst Ende des 19. Jahrhunderts gab es erste Ansätze internationaler Kooperation. Beispiele sind das erste Internationale Polarjahr 1882 bis 1883 und der „Siebente Internationale Geographen-Kongress“ in Berlin 1899, auf dem Pläne für die Südpolexpeditionen von Deutschland, Großbritannien und Norwegen vorgestellt und diskutiert wurden. Zu Beginn und zur Mitte des 20. Jahrhunderts nahm das internationale Interesse am eisigen Kontinent deutlich zu. Bis zum Ende des zweiten Weltkriegs hatten sieben Nationen (Argentinien, Australien, Chile, Frankreich, Großbritannien, Neuseeland und Norwegen) Gebietsansprüche in der Antarktis erhoben, die international aber nicht anerkannt waren. Um neue Konflikte zu vermeiden, bemühte sich die internationale Gemeinschaft nach 1945, eine akzeptable Lösung für das Gebiet der Antarktis zu finden. Ein Meilenstein war das Internationale Geophysikalische Jahr 1957/1958, mit dem zugleich das dritte Internationale Polarjahr ausgerufen wurde. Es stärkte die internationale Kooperation. In der Folge luden die USA im Oktober 1959 nach langwierigen, schwierigen diplomatischen Verhandlungen jene zwölf Staaten zu einer Konferenz nach Washington ein, die sich bis dahin an der Antarktisforschung beteiligt hatten. Am 1. Dezember 1959 wurde dort dann schließlich der Antarktis-Vertrag unterzeichnet.

Das Ziel des Antarktis-Vertrags und seiner vierzehn Artikel war und ist es, eine Grundlage für die friedliche, internationale Zusammenarbeit in diesem Gebiet zu schaffen. Nach Ratifizierung des Vertrags trafen sich die Vertreter der beteiligten Nationen am 10. Juli 1961 zur ersten Konsultativtagung, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

Raubbau vermeiden

Im 19. Jahrhundert hatte die Robbenschlägerei in der Antarktis und auf den vorgelagerten Inseln zum Zusammenbruch der Robbenstände geführt. Einen solchen Raubbau wollte man fortan durch proaktives Handeln verhindern. So wurden eine Reihe von Beschlüssen (Recommendations) gefasst, die sich mit diesem Thema beschäftigten. 1964 beschlossen die Vertragsstaaten, die Natur zu schützen (Recommendation III-8: Agreed Measures for the Conservation of Antarctic Fauna and Flora) und zugleich die Forschung und internationale Zusammenarbeit zu fördern. Im Jahr 1972 führten dann Verhandlungen über den Schutz und auch die Nutzung antarktischer Robbenstände zum „Übereinkommen zur Erhaltung der antarktischen Robben“ (CCAS).

In den 1960er und 1970er Jahren suchten viele Fischereinationen nach neuen Fischgründen, sodass die Fisch- und Krillbestände in der Antarktis ins Blickfeld rückten. Innerhalb weniger Jahre wurden einige Fischbestände wie der des Antarktischen Marmorbarschs stark überfischt. Zum Teil haben sie sich bis heute noch nicht erholt. Um dergleichen für die Zukunft zu verhindern, initiierten die Antarktis-Vertragsstaaten umfassende Verhandlungen, die 1982 zum Abschluss des „Übereinkommens über die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis“ (Convention on the Conservation of Antarctic Marine Living Resources – CAMLR Convention) führten. Die CAMLR Convention stellt die marinen Ökosysteme der Antarktis unter einen umfassenden Schutz, erlaubt aber eine nachhaltige Nutzung der Fisch- und Krillbestände.

Seit der Energiekrise der 1970er Jahre hatten die Industrienationen aber nicht mehr nur die lebenden Ressourcen im Blick. Von Interesse waren jetzt vor allem auch fossile Rohstoffe wie Erdgas und Erdöl. Um eine entsprechende Industrie in der Antarktis regulieren zu können, wurden in den 1980er Jahren Verhandlungen über die Nutzung mineralischer Ressourcen in der Antarktis geführt. Als Ergebnis wurde 1988 das „Übereinkommen zur Regelung der Tätigkeiten im Zusammenhang mit mineralischen Ressourcen der Antarktis“ (Convention on the Regulation of Antarctic Mineral Resources Activities, CRAMRA)“ unterzeichnet. Da internationale Umweltschutzorganisationen jedoch massiven Druck ausübten, wurde das Abkommen von keinem der Unterzeichnerstaaten tatsächlich ratifiziert und trat daher niemals in Kraft. Stattdessen begannen Verhandlungen zu einem umfassenden Umweltschutz in der Antarktis, aus denen schließlich das Umweltschutzprotokoll zum Antarktis-Vertrag hervorging.