Die Ergebnisse der 44. ATCM in Berlin

Vom 22. Mai bis zum 2. Juni 2022 war Deutschland Gastgeber der XLIV. Antarktisvertragsstaatenkonferenz (44. ATCM) sowie der XXIV. Konferenz des Ausschusses für Umweltschutz (24. CEP), an denen 54 Staaten sowie weitere Beobachter und wissenschaftliche Experten teilnahmen. Die Konferenz fand in Berlin statt und wurde erstmals in der Geschichte des Antarktisvertrages in einem Hybridformat durchgeführt. Vorsitzende der ATCM war Frau Tania von Uslar-Gleichen, Beauftragte für Fragen des allgemeinen und besonderen Völkerrechts des Auswärtigen Amts. Vorsitzende des CEP war Frau Birgit Njastad aus Norwegen.

Für die Konferenz registrierten sich insgesamt 448 Delegierte, von denen 104 Delegierte virtuell an der Konferenz teilnahmen.

Die offizielle Eröffnung der Konferenz erfolgte durch Staatssekretärin und Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik des Auswärtigen Amts, Jennifer Lee Morgan, sowie die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Bettina Hoffmann des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. In ihren Redebeiträgen verurteilten sie den ungerechtfertigten, unprovozierten und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine auf das Schärfste. Sie appellierten in ihren Reden an Russland, den Krieg gegen die Ukraine zu beenden und stellten deutlich heraus, dass dieser Bruch des Völkerrechts insbesondere auch gegen den Geist des Antarktisvertrags verstößt. Die Ukraine stellte ein Informationspapier vor, welches die Folgen des Angriffskrieges für ihr Antarktisprogramm beschreibt. Die überwältigende Mehrheit der Vertragsstaaten sprach der Ukraine ihre Solidarität aus und schloss sich der Verurteilung des Angriffskrieges durch Russland an.

Viele Vertragsparteien unterstrichen, dass die Arbeit der Antarktisvertragsstaatenkonferenz für Frieden, Forschung und Umweltschutz nicht durch die militärische Aggression einer Vertragspartei gegen eine andere kompromittiert werden sollte. Der Antarktisvertrag werde vielmehr als ein Beispiel für eine erfolgreiche multilaterale Zusammenarbeit zum Wohle der Menschheit gesehen. Auch dient er dazu, gegen die globalen Krisen, wie Klimawandel, abnehmende Biodiversität und Umweltverschmutzung vorzugehen. Die Tatsache, dass die Konferenz auch unter den schwierigen Rahmenbedingungen die Annahme der Maßnahmen, Entscheidungen und Resolutionen im Konsens verabschieden konnte, verdeutlicht besonders die Stärke und Resilienz des Antarktisvertragssystems.

In Übereinstimmung mit dem Motto der Konferenz „From Science via Policy to Protection“ unterstrich die Konferenz die Wichtigkeit von Forschung in der Antarktis, um die entsprechenden politischen Entscheidungen zu ihrem Schutz vorbereiten und vornehmen zu können. In diesem Zusammenhang nahm die Konferenz den 10. Bericht des Wissenschaftlichen Ausschusses für Antarktisforschung zu „Antarctic Climate Change and the Environment“ an und bejahte die hierin gegebenen Hinweise und Anregungen. Insbesondere wird dringender Handlungsbedarf gesehen, um permanente Schäden in der Antarktis und im Weiteren die entsprechenden Folgen für die gesamte Welt zu vermeiden. Alle Vertragsparteien stimmten zu, dass die Konferenz eine wichtige Rolle einnimmt, um die Gefahr des globalen Klimawandels gegenüber der Öffentlichkeit zu verdeutlichen und beschlossen bei der ATCM im kommenden Jahr hier einen besonderen Schwerpunkt zu legen.

Im Weiteren hat die Konferenz die Verwaltung von 17 besonders geschützten Zonen in der Antarktis einer Überprüfung unterzogen. Zudem wurden weitere Schritte beschlossen, um in der Zukunft vier weitere Zonen auszuweisen. In den vergangenen Jahren sind bereits 75 Standorte in der Antarktis durch die Konferenz entsprechend definiert worden.

Zusätzlich legte die Konferenz einen Schwerpunkt auf einen besonderen Vertreter der Antarktis: Den Kaiserpinguin. Die größte Pinguinart der Welt ist zunehmenden Risiken ausgesetzt, insbesondere durch die globale Erwärmung. Eine ganz überwiegende Mehrheit von Vertragsstaaten vertrat die Auffassung, dass es ausreichende wissenschaftliche Beweise dafür gibt, dieser Art einen besonderen Schutzstatus nach dem Umweltprotokoll zuzuerkennen. Auch wenn eine formale Entscheidung hierüber durch eine Vertragspartei blockiert wurde, zeigten die meisten Parteien gleichwohl an, dass sie den zwischen den Konferenzen entwickelten Maßnahmenentwurf auf nationaler Basis umzusetzen gedenken.

Die Konferenz setzte sich im Weiteren mit dem Sachverhalt von steigenden Tourismuszahlen in der Antarktis auseinander. Nach Schätzungen werden voraussichtlich mehr als 100.000 Besucherinnen und Besucher in der Saison 2022/2023 in die Antarktis reisen. Der große, weltweit festzustellende Zuwachs an Reiseinteresse, besonders per Schiff, in die Antarktis erhöht den Druck auf die bereits durch die Erderwärmung gefährdeten antarktischen Regionen. Die Vertragsstaaten verständigten sich darauf, dass mittels eines vorsorgenden Ansatzes ein nachhaltiges Tourismuskonzept für die Antarktis entwickelt werden soll, das strategisch ausgerichtet und zwischen den Vertragsparteien koordiniert ist.

Der Umweltausschuss unterstrich die Wichtigkeit seines „Climate Change Response Work Programme“ (CCRWP) und stellte hier dessen bisherige Resultate vor. Besonders hervorzuheben ist die Zusammenarbeit der verschiedenen in der Antarktis tätigen Organisationen im Rahmen dieses Programms. Gemeinsam haben sie das Ziel, die Antarktis und ihre Umwelt sowie die dortigen Ökosysteme zu erhalten. Ausführlich wurde darüber diskutiert, wie die bisherigen Prüfverfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung für die in der Antarktis gezeigten Aktivitäten weiterentwickelt werden können. Der Ausschuss verständigte sich darauf, dass verschiedene Gesichtspunkte bis zur kommenden Sitzung in Helsinki weiter diskutiert werden sollen. Zielstellung ist es, insbesondere die Effektivität der Umweltverträglichkeitsprüfung zu verbessern.

Die Konferenz hob im Weiteren hervor, dass es von sehr großer Bedeutung ist, für alle in der Antarktis tätigen Personen eine Arbeitsumgebung zu schaffen, die offen, sicher und von Respekt getragen ist sowie Diskriminierungen ausschließt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz bekräftigten ihre Entschlossenheit, Diversität und Inklusion für alle, die durch ihre Arbeit zum Antarktisvertragssystem beitragen, zu fördern.

In Übereinstimmung mit dem Ziel der Vertragsstaaten, die Antarktis zu bewahren, wurde die Antarktisvertragsstaatenkonferenz unter Beachtung des Nachhaltigkeitsleitfadens der Bundesregierung durchgeführt, um auf diese Weise schädliche Umwelteinflüsse zu verringern, wie sie sich zum Beispiel aus Papierverbrauch, Abfall und CO2-Ausstoß ergeben.

Die Vertragsstaaten diskutierten im Übrigen einen Antrag Kanadas auf Konsultativstatus. Zwar traf dieser auf sehr große Zustimmung unter den Vertragsstaaten, jedoch waren zwei Vertragsstaaten zu diesem Zeitpunkt nicht bereit, darüber zu entscheiden. Der Antrag soll von daher erneut auf der 45. Antarktisvertragsstaatentreffen diskutiert werden, welches vom 29. Mai bis zum 8. Juni 2023 in Helsinki stattfindet.

Weitere Ergebnisse des 44. Antarktisvertragsstaatentreffens können dem abschließenden Bericht, der derzeit durch das Antarktissekretariat erstellt und mit den Vertragsstaaten abgestimmt wird, entnommen werden. Er wird auf der Homepage des Antarktissekretariats www.ats.aq innerhalb der kommenden drei Monate veröffentlicht werden.

Das Gastland Communiqué kann hier auch in der deutschen Übersetzung (keine offizielle Fassung) heruntergeladen werden.